Dies ist eine WM der Schiedsrichter. Sie stehen diesmal wirklich im Mittelpunkt. Und nicht nur, weil sie die auffallendsten Trikots tragen (im Icke – Häßler – Design von 1990). Nein, sie bringen eine Menge Spannung in die Partien. Bzw. beseitigen sie, wie bei den ersten beiden Achtelfinalbegegnungen. Man weiß nie, was sie warum wann tun werden. Diese Referees sind nicht unparteiisch, sie sind unberechenbar. Immerhin: Ein Korruptionsverdacht kann da nicht aufkommen. Ein solch unorthodoxes Pfeifverhalten würde auch den hartgesottetsten asiatischen Zocker zum Wahnsinn treiben. Oder in den Ruin…
Wie in vielen Bereichen der globalen Wirtschaft wird nun in einer komplexen Situation sofort eine Professionalisierung gefordert. Wir Deutschen wissen aufgrund unserer Erfahrungen mit der FDP: Nicht alle Probleme werden gelöst, wenn jemand in die Hauptberuflichkeit befördert wird. Das allein kann es nicht sein, es gehört auch Talent dazu. Oder eine Form von Kompetenz.
„Warum nur, warum tun die das?“ fragt sich daher die Welt angesichts der teilweise unterirdischen Leistungen der Referees bei dieser WM. Liegt es an ihrer Herkunft (Mali, Seychellen, Spanien)? An ihrer Ausbildung (Sparkasse Landshut)? Oder, ohne eine neuerliche Debatte über Homophilie lostreten zu wollen: Sind viele der Schiedsrichter vielleicht in Wahrheit Frauen, die es bekanntlich einfach immer wieder schaffen, absolut inkonsequent zu handeln? Frauen, die zu ihrem Unglück gefangen sind beispielsweise im Körper eines dicklichen Konzertpianisten mit Pfeife? Dessen gebährfreudiges Becken und Kunsthaar boten ja schon oft Anlaß zu Spekulationen jeder Art. Und es kann ja nicht sein, daß so viele Menschen ihre wahre Identität verleugnen müssen zugunsten eines hochgezüchteten Sports! Das ist diskriminierend!
Andere führen das Verhalten der Schiedsrichter aber ohnehin eher auf eine Art Berufskrankheit zurück, eine mentale Deformation. Sozusagen ein „Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom“. Ein Per Mertesacker beispielsweise erhält momentan durch seine permanenten Querschläger ja wesentlich mehr Zuneigung, als wenn er diskret und solide verteidigt hätte wie eh und je. Davon wiederum profitiert auch Arne Friedrich, da er sich als der doppelte Innenverteidiger präsentieren kann, den er notgedrungen mangels Mitspielern auch schon beim Absteiger Hertha geben musste. Eine win – win – Situation. Noch.
Wenn schon die Spieler in dieser leicht abwegigen Form nach Liebe schreien, dürfen das natürlich auch die Schiedsrichter. Es verstünde zumindest jeder, wenn einem der Zwang zur ewigen Neutralität auch mal auf die Nerven ginge. Du sollst als Referee Deine Herkunft verleugnen, Dich für soziale Zwecke engagieren, gut aussehen, sportlich sein, zwölf Sprachen sprechen und einen sympathischen Eindruck machen. Und dann wirst Du trotzdem ständig angemeckert, bist an allem schuld, obwohl man Dich ja gleichzeitig permanent arglistig zu täuschen versucht – und die Spieler rauschen in ihrem Cabrio vom Gelände, während Du nach dem Spiel in einen französischen Kastenwagen einsteigst, der noch nach den verfaulten Bananenresten Deiner Kinder stinkt, um zur Jugendherberge zu fahren, während sich die Funktionäre wiederum beim Cocktail auf der Terrasse ihrer Luxushotelanlage fragen, was denn heute wieder mit Dir los war.
Apropos Funktionäre: Die Lage im Schiedsrichterwesen ist wirklich dramatisch, wenn sogar, wie heute geschehen, der FIFA-Vorsitzende Sepp Blatter eine Diskussion über technische Hilfsmittel fordert. Der Schweizer ist ja nicht unbedingt für seine Innovationskraft bekannt, eher im Gegenteil. „Technische Hilfsmittel“, damit meint er natürlich nicht eine elektrischen Zahnbürste oder einen Rollator mit Tacho. Er meint auch nicht das, woran manch eine Leserin jetzt spontan errötend denken mag, nein. Die Rede ist von Videobeweisen und In-Ball-Chips, als Hilfestellung für die Unparteiischen. Damit ausgeschlossen werden kann, daß irreguläre Tore fallen und reguläre nicht anerkannt werden. Bisher war der Blatter Sepp immer der Auffassung, die Fehler der Schiedsrichter gehörten doch zum Sport. Aber seit heute steht er an der Spitze der Erneuerungsbewegung und fordert eine Revolution. Ist das nur Opportunismus oder bereits Demenz?
Ich würde allerdings noch weiter gehen und fordern: Abschaffung aller technischen Hilfsmittel für Funktionäre! Keine Freiflüge mehr zu den, ach, so wichtigen karibischen Landesverbänden! Keine Freifahrtscheine mehr beim Umgang mit korrupten Politikern! Keine Freikarten mehr für vorbestrafte Schwarzmarkthändler! Und vor allem: Keine Mikrofone mehr für diesen haarsträubenden Unsinn, den dieses blasierte Männlein permanent von sich gibt! Alle vier Jahre kriege ich sonst die längst überwunden geglaubte Krankheit, die nach diesem halbseidenen Zwerg benannt ist.