Der Miro

Zugegeben: Der Stachel sitzt tief, so tief wie unser protestantisch-preußisches Gerechtigkeitsempfinden: Den unschuldig, um nicht zu sagen: naiven Miro Klose per gelb-roter Karte verloren zu haben, das macht tieftraurig und wütend.

Ausgerechnet Klose! Der läuft so niedlich, achtet mal auf seine Hände! Zuhause häkelt er bestimmt auch. Und er guckt so süß! Der kann doch einer Fliege nichts zuleide tun! Es gibt ja sogar Leute, die behaupten, der Ex-Lauterer, Ex-Werderaner und Jetzt-Bayer träfe nicht mal aus zwei Metern eine Garage. Wie soll der Mann dann foulen, zudem einen sich auch noch bewegenden Serben? Und das auch noch mehrmals?

Oder war das der Grund – er hat die Jungs schlicht nicht gesehen, hatte nur Augen für den Ball? Wir werden es vielleicht eines Tages erfahren. Allüberall wurden ja auch Oliver Kahns übermenschliche Leistungen im Tor der deutschen Mannschaft während der WM 2002 bewundert, mittels derer er quasi im Alleingang unsere Elf ins Finale brachte. Erst hinterher erfuhr man von seiner schweren Augenkrankheit und man verstand, warum er die unhaltbaren gehalten hat: Er hat sie gar nicht kommen sehen! Besonders tragisch, da Kahns einziger Fehler im Finale den Titel kostete, den zu ergreifen die Chancen durch die Nicht-Teilnahme Michael Ballacks am Endspiel so hoch waren wie noch nie…

Der von seinen Eltern (beide fanatische Kunstsammler) nach dem gleichnamigen spanischen Surrealisten Miro genannte Stürmer ist jedenfalls definitiv mehr als angeschlagen: Grauenhaft waren die Bilder, in denen er allein durch den Vorgarten des Mannschaftshotels schlich, deprimiert den Boden, die Sträucher, vielleicht gar das Unkraut fixierend, wohl auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung für sich am nächsten Mittwoch abend. Sein Gesicht spiegelte die Frage wieder: Jäten? Mähen? Gießen? Den Garten umpflügen? Frei nach Rolf Rüssmann: „Wenn ich schon gesperrt bin, trete ich denen wenigstens die Rabatten kaputt?!“ Das zu sehen tat weh.

Aber schon vorher wirkte Klose extrem mitgenommen: Statt Torsaltos jubelte er nach seinem Treffer gegen die USA im Rutschen. Und sogar seine einstudierte  Gehörlosengestik wirkte arg verrenkt. Da bestand Verletzungsgefahr. Ohnehin muss man das Tor zumindest teilweise ja Lahm zurechnen, der den gebürtigen Polen im Flug derart scharf beschossen hat, daß der Ball nur in eine Richtung prallen konnte: Ins Netz. Wer da wessen Flugbahn berechnet hat, kann man nur erahnen…

Im Anschluß hielten sich die beiden wahrscheinlich auch deshalb so lange im Arm, weil sie  die Schuldfrage klären wollten. Befragt ob ihres Gesprächsinhaltes verweigerten allerdings beide die Aussage und behaupteten, sie könnten sich nicht mehr erinnern. Nun, vielleicht war es auch wirklich ein sinnloses Gespräch, da sie sich durch den Vuvuzela-Lärm gar nicht verstehen konnten. Was den Miro aber nicht davon abhielt, auf der Pressekonferenz zu betonen, daß es unabhängig vom Inhalt auch einfach ein gutes Gefühl gewesen sei, den Philipp im Arm zu halten. Was Clemens Fritz wohl dazu sagt?

Ich teile jedenfalls die Meinung, daß es schöner ist, wenn nicht oder nur unverständlich gesprochen wird während einer Umarmung. Brummgeräusche oder dergleichen dagegen erzeugen ein Wohlgefühl. Jetzt dürfen wir am Mittwoch gegen Ghana Gomez erwarten. Oder Cacao. Was die wohl für Geräusche machen, wenn man sie trifft?

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