EM-EINWURF
Kontinentalpässe
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Das war eine in vielerlei Hinsicht tolle Europameisterschaft. Nicht nur fußballerisch unglaublich aufregend. Sport trägt ja auch zur Völkerverständigung bei. Es geht nicht nur um Gewinnen und Verlieren – auch um Verstehen! Und, in der Tat, während dieses Turniers hat man wieder einiges gelernt über unsere europäischen Freunde, Nachbarn und Gäste.
Natürlich wurden manche Klischees bestätigt: Rumänen können nur ohne Druck, Türken nur mit. Die Russen können unglaublich schnell rennen. Und meistens im Rudel.
Was ich auch schon vermutet hatte: Die Schweizer sind nicht wirklich neutral. Die wollten wirklich in die K.-o.-Runde. Und sie haben sogar jemanden geschlagen!
Was wir auch schon aus ihren Möbelhäusern wussten: Schweden brechen bei der geringsten Belastung auseinander. Aber es gab auch Überraschungen: So haben wir sehr dezente Griechen gesehen. Sie brachten ungern andere in Bedrängnis, sondern versammelten sich lieber still, geradezu depressiv um das eigene Tor. War mir bisher bei denen noch nicht aufgefallen, diese geradezu philosophische Zurückhaltung. Ich kannte bisher überwiegend Griechen, die laut gackernd Unschuldigen schreckliche Musik, hochprozentigen Schnaps und fettiges Fleisch aufdrängten. Aber sie können auch ganz anders!
Die Geographiekenntnisse wurden durch diese EURO ebenfalls revidiert. Was ich gar nicht wusste: Russland gehört zu Europa. England nicht. Man guckt Fußball und erweitert seinen Horizont. Toll!
Oder denken wir an die Alterspyramide. Wir Deutschen machen uns Gedanken darüber, dass unser Volk ausstirbt. Lächerlich! Bei den Franzosen ist es offenbar viel schlimmer: Deren Mannschaft konnte man ja sprichwörtlich beim Altern zusehen!
Auch was den Umgang mit Fremden angeht, sieht es bei uns besser aus als bei vielen anderen. Den Österreichern fiel gegen die Polen einfach nichts ein, obwohl sie unbedingt gewinnen mussten. Sie sind sich die Hacken wund gelaufen. Ergebnislos. Beziehungsweise unentschieden. Wir aber haben es ihnen mal wieder vorgemacht: Polen schlägt man nicht, Polen integriert man! Dann schießen sie sich selbst ab. Das ist auch viel lustiger!
Wir müssen alle noch viel lernen. Mehr Kommunikation täte gut, insbesondere auch die mit den EURO-Gastgebern.In dieser Beziehung spielt die unaufgearbeitete Vergangenheit offenbar immer noch eine große Rolle. Was soll ich sagen: In einem Wiener Kaffeehaus hat man mir während meines dortigen Aufenthaltes versucht, als Kaffeespezialität ausgerechnet einen „kleinen Braunen“ anzudrehen! Mir als Deutschem! Und dann auch noch zum Mitnehmen! Nee nee. Zu uns kommt so einer nicht noch mal…
Zugegeben: Polen, Kroatien, Österreich – die Vorrunde erinnerte schon an den zweiten Weltkrieg. Nur die Reihenfolge war anders. Und das Ergebnis. Aber darüber muss man doch reden können!
Sehr kontraproduktiv war es natürlich, dass die Uefa verhindern wollte, dass sich ein Deutscher und ein Österreicher verständigen. Weil sie das trotzdem taten, mussten sie auf die Tribüne. Zu Frau Merkel. Das nenne ich Höchststrafe! Aber wir stellen fest: Die Welt wächst zusammen. Mittlerweile heißen türkische Nationalspieler Aurelio, polnische Guerreiro und österreichische Korkmaz. Multikulti allenthalben. Europa ist toll. Und Fußball verblödet nicht, er bildet.
Danke!